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Interview: Powerwolf – Männer im Wolfspelz

Das Saarbrücker Quintett Powerwolf um den gelernten Opernsänger Attila Dorn und den Gitarristen und Songschreiber Matthew Greywolf gehört zu den international erfolgreichsten Metalbands aus Deutschland. Markenzeichen: Ein epischer Sakralsound mit psalmenhaften Texten, lieblichen Melodien, Kirchenorgel und Chören. Mit Matthew Greywolf alias Benjamin Buss sprach Olaf Neumann für OXMOX.

OXMOX: Erkennbar bleiben, oder Neues wagen?

Matthew Greywolf: Letzten Endes ist Songwriting eine intuitive Sache. Schon auf dem letzten Album „The Sacrament Of Sin“ haben wir uns bewusst etwas breiter aufgestellt und Neues gewagt. Das hat uns darin beflügelt, bei „Call Of The Wild“ noch offener ans Schreiben zu gehen. Wir waren uns bewusst, dass wir ohnehin eine starke musikalische Identität haben. Die Art, wie Attila singt und ich komponiere und die Kirchenorgel – diese Zutaten klingen alle sehr typisch nach Powerwolf. Wir haben diesmal einiges getan, was in der Vergangenheit undenkbar gewesen wäre. Zum Beispiel der Song „Blood For Blood“, der von einer irischen Werwolflegende inspiriert ist und eine irische und keltische Instrumentierung aufweist. Ich habe ihn auf einer Akustikgitarre geschrieben, um einen Folk-Vibe mit reinzubringen. Die Metal-Keule haben wir erst ganz spät ausgepackt.

Ist die „Pandemie“ eine Quelle der Inspiration?

Nein, das hat für mich eher etwas Amüsantes und ist definitiv nicht die Form von Legendenbildung, von der ich fasziniert bin. Ich bin ein wissenschaftlich geprägter Mensch, der mit dieser Seite wenig anfangen kann. Ich habe zwischen all den Tourneen sogar ein Studium abgeschlossen.

Was hast du studiert?

Informationswissenschaft. Das ist ein spezielles Feld der Kommunikationswissenschaft. Die Interaktion von Menschen und Kommunikationsgeräten jeder Art hat mir in Bezug auf die Band vieles mitgegeben.

Ein Lied ist der „Bestie des Gévaudan“ gewidmet. Das ist die Bezeichnung für ein Raubtier, dem 1764 bis 1767 rund 100 Kinder, Jugendliche und Frauen zum Opfer fielen.

Mich interessiert gar nicht so sehr die Bestie oder die Grausamkeit, sondern die Legendenbildung. Mich fasziniert die Tatsache, dass dieses Tier nie dingfest gemacht werden konnte. Man hat nie herausbekommen, ob es ein großer Wolf oder ein Serienmörder war. Geistliche sahen darin die Rache Gottes für das sündhafte Leben der Bevölkerung. Wissenschaftler glauben heute an ein ganzes Wolfsrudel. Auf diesem Nährboden schreiben wir gerne Texte.

Seit Wacken weiß jeder, dass langhaarige Lederjackenträger angenehme Zeitgenossen sind. Schade?

Ich persönlich habe nie Heavy Metal gemacht, um zu provozieren. Vielleicht auch deswegen, weil ich in einem Elternhaus aufgewachsen bin, in dem das nicht funktioniert hätte. Mein Vater ist auch ein großer Rockmusik-Fan. Letztlich finde ich es schön, dass jeder sieht: In Wacken laufen zwar Leute mit bitterbösen T-Shirts herum, aber eigentlich sind das 80.000 große Kinder, die Spaß haben. Ich habe in meiner langen Zeit als Fan und Musiker nie auf einem Festival aggressive oder feindselige Stimmung gespürt. Im Gegenteil. Der Heavy Metal ist eine große friedliche Gesellschaft. Das finde ich immer wieder faszinierend.